Loslassen - wie geht das?
- Veronika Dobernik
- 1. Juli
- 3 Min. Lesezeit
Vielleicht hast du diesen Satz schon oft gehört: „Du musst das endlich loslassen.“ Von Freunden, die es gut meinen, oder aus Büchern, die dir versprechen, in drei einfachen Schritten alles hinter dir zu lassen. Doch wahrscheinlich hat es dich oft nur noch verzweifelter gemacht, weil da plötzlich dieser Druck war: Du müsstest loslassen können. Du müsstest stark genug sein, um es einfach fallen zu lassen. Und weil du es nicht schaffst, fragst du dich insgeheim, was eigentlich nicht stimmt mit dir. Ich möchte dir sagen: Mit dir stimmt alles. Es ist nur so, dass Loslassen ganz anders funktioniert, als die meisten glauben. Es ist kein Knopfdruck. Kein mentaler Trick. Kein Werkzeug, das man nur richtig anwenden muss. Loslassen ist immer das Ergebnis. Es ist das, was geschieht, wenn Innen etwas in eine neue Ordnung kommt.
Das Wort Loslassen selbst verrät uns eigentlich, worum es geht. Es stammt vom althochdeutschen „lōz-lāzan“ und bedeutete einmal „freigeben“. Es hatte nichts mit Zwang oder Kampf zu tun. Es war ein natürlicher Prozess – so, wie Blätter im Herbst von den Ästen gleiten, wenn ihre Zeit vorbei ist. Heute klingt Loslassen oft wie ein Befehl, dabei war es ursprünglich etwas, das von allein geschah, sobald alles bereit dafür war.
Bevor Loslassen möglich wird, braucht es etwas ganz anderes: Sinn. Dein Inneres muss verstehen, warum es überhaupt gut wäre, etwas gehen zu lassen. Solange der alte Schmerz, die vertraute Angst oder sogar die Sehnsucht noch eine Bedeutung hat, wird dein System nicht freigeben können. Weil es dann immer noch sicherer scheint, daran festzuhalten – selbst wenn es weh tut. Manchmal schützt dich genau das Festhalten. Manchmal bewahrt es dich vor einem noch größeren Gefühl von Leere oder Haltlosigkeit. Und so klammerst du dich weiter, ohne es wirklich zu wollen.
Doch wenn Sinn gefunden wird, entsteht etwas, das alles verändert. Dann kann ganz leise eine Bereitschaft wachsen. Nicht weil du dich zwingst, sondern weil plötzlich ein tieferes Verstehen da ist. Etwas in dir spürt: Es darf vielleicht gehen. Es ist sicher. Es ist gut so.
Und genau hier zeigt sich, warum Loslassen selten allein gelingt. Weil es oft jemanden braucht, der von außen mit dir schaut, was da in dir verwoben ist. Der die Muster sieht, die du selbst nicht mehr auseinanderhalten kannst. Der dich sanft durch die Schleifen deiner Gedanken und Gefühle führt, bis sich innen etwas sortieren darf.
Erst dann beginnt die eigentliche Arbeit. Erst jetzt können die tief verwobenen Knoten – all die Bilder, Gefühle, alten Überzeugungen und Körperreaktionen – sanft entwirrt werden. Das ist der Moment, wo EMDR und Sinnarbeit so kraftvoll sind. Weil sie nicht nur an der Oberfläche kratzen, sondern dorthin gehen, wo alles fest verbunden war. Sie bringen dein Inneres dazu, neu zu ordnen, was sich so lange verkrampft hielt. Und plötzlich geschieht es. Freigeben passiert. Von selbst, ohne dass du dafür kämpfen musst. Weil innen nichts mehr ist, das klammert. Weil der Halt, den du vorher im Schmerz gesucht hast, jetzt an anderer Stelle gefunden ist – in dir selbst, in einem neuen Sinn, in dem, was heute wirklich trägt.
Vielleicht erkennst du dich in all dem wieder. Vielleicht spürst du sogar eine kleine Erleichterung, dass Loslassen niemals eine Technik war, die du nur falsch angewendet hast. Sondern dass es etwas ist, das ganz sanft entsteht, wenn der richtige Raum dafür da ist. Wenn du möchtest, begleite ich dich genau dorthin. Nicht damit du loslässt, sondern damit Freigeben für dich geschehen kann. Leicht, natürlich und ohne Zwang – so, wie es von Anfang an gemeint war.
